Zehnzeiler

Baumblüte & das eintausendfünfhundertfünfundfünfzigste Gedicht

Baumpilz am Müggelsee

Im Spreewald, off season

Viel Spreekanäle, wohl auch Wald
Grünkohläcker, sehr, sehr kalt
Thermenwärme, wie schnell du entschwindes'!

Süße saure Gurkenzeit
Plinsenbinsenheiterkeit
weiß gefroren

Heiße Ohren
werden Tiefkühlkost des Windes

Nun wär's an der Zeit, dass auch ich was verzehre
wenn bloß nicht diese Leere wäre

Saisonabschluss & das eintausendfünfhundertachtunddreißigste Gedicht

Maximillianstraße mit Merkurbrunnen in Augsburg

Publikum und Akteure haben lange durchgehalten, das Open-Air-Vergnügen in Zeiten der Indoor-Verbote aufrechtzuerhalten, aber nun müssen wir die Bühne im Garten der Seidlvilla wieder abbauen. Um sie möglichst bald wieder zu reaktivieren.

Spätsommersoirèenausklang

Nicht nur die Harten komm'n in'n Garten,
Auch die Zarten wie Aparten,
Selbst Spaten-Bier-Trinker sind uns willkommen
(Ganz arge Stinker ausgenommen)!

Kommt herbei, Euch vollzusaugen
Über Hahn- und Hühneraugen,
Um der Hirne heit're Stumpen
Zum Finale vollzupumpen,
Abstandswahrend, halb verloren,
Wird der Spaß dann eingefroren!

Kleine Wolfsschlucht & das eintausendfünfhundertdreiunddreißigste Gedicht

Blick in die Kleine Wolfsschlucht bei Wildbad Kreuth

Schmerzlos

"Hab ich nicht längst schon jeden Schmerz
Mit einem Vers beschrieben?",
Beschwere ich mich himmelwärts,
Schwer pathosübertrieben.

Zum Leidwesen für Schmerzbetroff'ne
Gibt's die weit nach oben off'ne
(Gott ist unser) Richterskala -
Dass du deine Dichtertaler
Dir hienieden auch verdienst

Und nie zu zufrieden grienst!

Wendelstein & das eintausendfünfhundertneunundzwanzigste Gedicht

Am Wendelstein

Eure Rohheit

Schon wallt die Kraft zur Stärke an,
Es ballt sich eine Pranke,
Ein Ärger schafft sich seinen Bann ...

Und prallt vor eine Schranke.

Wie lang die hält?
Nicht abzuseh'n -
Auch nicht, was wohl danach geschieht.
Bevor sie fällt,
Lass uns zwei geh'n,
Wohin das Filigrane flieht!

Kyritzer Seenkette & das eintausendfünfhundertneunzehnte Gedicht

Fischerschuppen am Kyritzer See

Brandenburg

Ein Teilstück meiner Seele spielt im Brandenburger Sand.

Von außen schräg betrachtet, doch im Grunde unbekannt,
Herrscht letzte Begegnung mit Dschungeligkeit
Aus hausgebor'nen Samen.

Wo Unbewohnt sich an ein Ungewohnt reiht
Zu fremdster Städte Namen.
Und staubig rau wiegt durch die Zeit:
Der Krach von Fichtenzapfen,
Die wir in trauter Einsamkeit
Beim Seenumrund zerstapfen.

Tsüri & das eintausendfünfhundertneunte Gedicht

Zürich vom See aus

Das Grau der Stadt am See

Zwischen Hmmel und See gräut ein Streifen sich stadt,
Der scheint wie von beiden zu glimmern.
Ein entspannt in sich wiegendes Quantum von Satt -
Von hier wird sich nie was verschlimmern.

Es beruhigt, dass diese Verlässlichkeit hält,
Dass mein Dort! einen Ort kennt, der ungern zerfällt -
Und sei's nur im eigenen Vorstellungsflur.

Zwischen Himmel und See ist das Grau wie ein Blau,
Eine sich in sich selbst inszenierende Show -
Als gäb's Silhouetten auch ohne Kontur.

Frst. Flaschenhals & das eintausendvierhundertsechsundneunzigste Gedicht

Blücherdenkmal in Kaub

In Kaub

Irgendwo im Flaschenhals,
Im Würgegriff von Bahn & Car,
Schmiegt sich an vages Andernfalls
Ein gut durchmischtes Inventar
Aus Fachwerk, Baumarkt und Egal!,
Noch trunken von dem Weine,
Der rund sich aus dem Gestern stahl,
Umsprudelnd das Gegreine
Vom nie gewählten Außenvor -
Als talversenktes Häusermoor.

Sommerwind & das eintausendvierhundertsiebenundsiebzigste Gedicht

Im Englischen Garten, Nordteil

Zwischen den Spaghettigängen (Heya, Enrico!)

Zwischen den Spaghettigängen
Spielst du mir das Lied vom Tod
Mit wiederkehr'nden Binnenlängen
Im Endlosschliff als Zugangscode
Zu fast mantrösem Spannungsdrill -
Unfassbar laut und greifbar still.
Als Blasebalg in Atemnot
Zu mundharmonischbangen Klängen
Wattiert mich das Dessertverbot
Zwischen den Spaghettigängen.

Feldmochinger See & das eintausendvierhundertneunundfünfzigste Gedicht

Entennachwuchs am See Feldmoching

Der Bruderkuss

Nenn mir ein Merkmal, bevor wir uns trennen,
An dem wir uns zukünftig wiedererkennen,
Wenn windiger Glanz unser Strahlen verwischt,
Bis faltig und fahl sein Gedächtnis erlischt.

Präg du dir den Fingerabdruck von mir ein
Und zieh in Erwägung, ich könnte bald ein
Gänzlich verdorbenes Wesen bewohnen -
Es wird mich die Welt nicht auf Dauer verschonen.

Dann kann selbst die finsterste Zeit nicht die Schemen
Der in uns erinnerten Einigkeit nehmen.

Den Bogen raus & das eintausendvierhundertdreiundfünfzigste Gedicht

Regenbogen über der Maxvorstadt

Sich regen bei Regen

Regen
Macht mich
Augenblicklich
Regen Missmuts
Leichte Beute.

'Regen,'
Dacht' ich
(träg & dicklich),
'Tät gewiss gut -
Nur nicht heute!'

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